Recap: Lunchtalk #5 Biodiversität
Der Verlust von Biodiversität bringt Lebensgrundlagen in Gefahr – Was kann die Versicherungsbranche tun? Darüber hat Moderatorin Pascale Ullmann in der 5. Ausgabe unseres Lunchtalks-Formats mit Dr. Johannes Förster, vom Helmholtz Centre for Environmental Research (UFZ) gesprochen. Im Artikel fassen wir euch die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Warum wird der Verlust von Biodiversität zurzeit so häufig thematisiert, auch in der Regulatorik?
Kurz und knapp: Biodiversität bildet die Grundlage für das menschliche Leben auf der Erde. Sie trägt zur Regulierung des Klimas bei und ermöglicht die Nutzung vielfältiger Ressourcen – beispielsweise zur Erzeugung von Nahrung. Auch zahlreiche Wirtschaftssektoren sind eng mit Biodiversität verbunden. Der Klimawandel, aber auch eine nicht nachhaltige Nutzung, führt zu einer Veränderung von Ökosystemen und schränkt ihre Leistungsfähigkeit ein. Der Verlust von Biodiversität wirkt sich damit unmittelbar auf unsere Lebensgrundlage aus.
Inwiefern ist die Versicherungsbranche davon betroffen?
Verschiedene versicherungsspezifische Tätigkeitsfelder spüren bereits die Auswirkungen der Veränderungen. Darunter die Land- und Forstwirtschaft, die sich gegen immer wahrscheinlicher werdende Risiken, darunter Ausfälle in der Produktion, absichern muss. Oder im Allgemeinen der Versicherungsschutz gegen Elementargefahren. Denn beschädigte Ökosysteme begünstigen das Schadenausmaß eines Extremwetterereignisses, beispielsweise wenn beschädigte Ökosysteme Niederschlag nicht mehr aufnehmen können.
Ganze Geschäftsmodelle sind zunehmend von derartigen Auswirkungen beeinträchtigt, denn Risiken nehmen teils so stark zu, dass manche Ereignisse nicht mehr versicherbar sind. Versicherer sollten trotzdem versuchen, bestehende Spielräume zu nutzen und gezielt mit den beteiligten Akteuren Möglichkeiten für neue Ansätze zu erschließen. Ein Beispiel dafür sind sogenannte nature based solutions, wie die Integration von Grünflächen in die Infrastruktur. Darüber lassen sich nicht nur Risiken, sondern auch Kosten reduzieren, da Auswirkungen von Starkniederschlägen reduziert und auch das Stadtklima verbessert werden können (European Environment Agency 2021: Nature-based solutions in Europe: Policy, knowledge and practice for climate change adaptation and disaster risk reduction.
Im Risikomanagement sind neben physischen Risiken auch Risiken in Form des Investment-Portfolios zu berücksichtigen. Verschiedene Sektoren sind dort unterschiedlich stark von einem Verlust an Biodiversität beeinflusst. In den Niederlanden sind beispielsweise 36 Prozent der Finanzinstitute hoch bis sehr hoch von Ökosystemen abhängig (van Toor et al. 2020: Indebted to nature: Exploring biodiversity risks for the Dutch financial sector). Deutlich wird dieses Verhältnis an folgendem Beispiel: 25 Cent von jedem investierten Euro sind von Oberflächen- und Grundwasser abhängig. Die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser ist wiederum von Ökosystemen abhängig. Auch in Deutschland sind über die Hälfte des Marktwertes von börsengelisteten Unternehmen durch den Verlust von Natur hohen oder moderaten finanziellen Risiken ausgesetzt (Evison et al. 2023: Managing nature risks: From understanding to action PwC).
Messbare Ziele setzen – aber wie?
Für den Versicherungssektor hat EIOPA eine Übersicht für den Umgang mit Biodiversitätsrisiken veröffentlicht (EIOPA Staff paper on nature-related risks and impacts for insurance, 2023). Für die Erfassung entscheidungsrelevanter Informationen zu Biodiversität und deren Leistungen hat die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) einen umfangreichen Leitfaden entwickelt. Auch das Science Based Targets Network (SBTN) definiert mögliche KPIs, beispielsweise zur Vermeidung von Flächenversiegelung.
Fazit: Versicherer sind angeraten, sich dem Thema anzunehmen und damit auseinanderzusetzen, in welchen Produkten der Schutz von Biodiversität und die Stärkung von Ökosystemleistungen einen Mehrwert bringen kann. Auch die Frage, inwieweit der Verlust von Biodiversität im Investmentportfolio ein Risiko darstellt und welche Maßnahmen den Erhalt von Biodiversität und deren Leistungen stärken können, sollte im Risikomanagement berücksichtigt werden.
Informationen zu unserem Gast:
Seit über zehn Jahren beschäftigt sich Johannes Förster mit dem Zusammenhang von Klima, Biodiversität und Gesellschaft und wie Informationen zu Ökosystemen und deren Leistungen in Entscheidungen integriert werden können, um Strategien für Klimaneutralität (Net Zero), Klimaanpassung und Transformationsprozesse hin zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Dabei beschäftigt er sich auch mit der Rolle von Biodiversität in der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (insbesondere CSRD, TNFD und SBTN).
Danke, dass Du bei unserem Lunchtalk dabei warst!
Ausgabe verpasst?
Kein Problem, die Aufzeichnung steht hier zur Verfügung: (4) Sustainable Insurance Lunchtalk #5: Biodiversität | LinkedIn